Der perfekte Abend
Die Party war an einem Samstagabend. Es sollte ein perfekter Abend werden, aber das wusste ich noch nicht. Er war auch dort und sah mal wieder unverschämt gut aus. Sein schwarzes Hemd, seine wuschligen Haare, seine wunderschönen Augen und sein smartes Lächeln machten ihn so perfekt wie immer. Ich war sehr nervös denn ich wusste nicht, was er wohl dachte wenn er mich sah. Ich hatte mir extra ein hübsches schwarzes Kleid gekauft und mir dafür Monate zuvor fünfzig Euro zur Seite gelegt. Glücklicherweise konnte ich eines aus der Boutique am Stadtrand ergattern. Meinen Haaren hatte ich noch eine Kur unterzogen und sie so gestylt, dass sie für diesen Abend perfekt aussahen. Ich hatte starkes Herzklopfen und nur durch seinen Anblick schmolz ich dahin. Wir kannten uns schon länger und waren auch schon befreundet. Ich hatte starke Gefühle für ihn und ich hoffte, dass er genauso empfand. Viele Anzeichen von ihm ließen darauf schließen, aber alles war völlig irreal und aus meiner Fantasie entsprungen. Ich hatte eine Chance von Null, aber ich war so ein verträumtes Mädchen, dass ich immer wieder hoffte und hoffte. Ich musterte ihn, seinen Gang und sein Lächeln. Eigentlich traute ich mich nicht zu ihm rüber zu sehen, er könnte ja genau in diesem Moment auch zu mir rüber sehen und etwas vermuten. Trotzdem musste ich noch einen kurzen Blick erhaschen!
Unerhofft trafen sich unsere Blicke. Ich zupfte sogleich mein Kleid zurecht und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Ich hatte Angst. Unsicher sah ich wieder in seine Richtung, um festzustellen, ob er mich immer noch ansah. Und tatsächlich: Er grinste zu mir rüber, zwinkerte und kam auf mich zu. Ich konnte mein Lächeln nicht mehr länger unterdrücken. Noch auf dem Weg zu mir, streckte er eine Hand nach mir aus. Bei mir angekommen nahm er meine Hand, sah mir tief in die Augen und meinte: ,,Hey, siehst schick aus. Lust zu tanzen?” Ich traute meinen Ohren nicht! Hatte er mich da gerade zum Tanzen aufgefordert? Ich machte große Augen und sah ihn fragend an. Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, es kam so plötzlich! Er musste lachen. ,,Komm, ich tanze bestimmt nicht so schlecht! Versuch’s doch erstmal!” Nach einem kleinlauten ,,Okay” zog er mich auf die Tanzfläche und nahm auch schon sofort die Tanzhaltung ein. Ich hoffte, dass er mein Zittern der Hände nicht wahrnahm. Ich sah zu ihm auf und er zu mir hinab. Wir lächelten. ,,ich garantiere für nichts”, sagte ich lässig, um diese Stille zu unterdrücken. Er schüttelte mit dem Kopf. ,,Ach Quatsch. Du kannst das. Ist doch nur ein Walzer”. Dann machte er den ersten Schritt und ich vergaß sogar schon nach einer Weile, dass ich auf die Tanzschritte achten musste. Für mich gab es nur noch ihn, mich und die Musik. Wie konnte jemand nur durch eine Berührung solch etwas überwältigendes in mir auslösen?
,,Und? Ist doch gar nicht so schlimm”, sagte er nach einer Weile. ,,ich gebe nur mein bestes”, antwortete ich und blickte zu ihm auf. Er grinste wieder. ,,Süßes Kleid”, sagte er und sah mich verschämt an. Verzückt sah ich kurz zu Boden. ,,Oh… Danke. Lieb von dir. Du siehst auch… herausgeputzt aus”, stammelte ich. Er nahm mich etwas fester in den Arm. Ich musste vor Glück die Luft anhalten. Was tat er da gerade? ,,Du musst lernen mit Komplimenten auszukommen. Du wirst bestimmt noch viele zu hören bekommen heut Abend”. ,,Ach so’n Quatsch”, erwiderte ich. ,,Wer sollte mir denn Komplimente machen?”. Er schüttelte mit dem Kopf. ,,Nimm dich nicht immer schlechter als zu wirklich bist. Du weißt doch selber, dass du heute toll aussiehst”. War das gerade ein Kompliment? Ein indirektes? ,,Mir fehlt nur der Typ dazu, der mir das sagt”, meinte ich mit zitternder Stimme. Er lachte kurz auf. ,,Und was ist mit mir? Hab ich dir nicht gerade ein Kompliment gemacht?”. ,,Oh. Ich wusste nicht, dass das eines war”. Der Song ging zu Ende und wir machten die letzte Drehung. ,,War doch super!”, rief er und umfasste meine beiden Hände. Die Unsicherheit in mir stieg wieder. Jetzt wäre der perfekte Moment gewesen ihn zu küssen. Aber ich tat es natürlich nicht, schließlich hatte er schon eine Freundin und ich war für so was viel zu schüchtern.,,Ja, hätte ich nicht gedacht”, antwortete ich und ließ seine Hände los. ,,Willst du schon aufhören?”, fragte er darauf. Ich dachte scharf nach. Sollte ich noch mal mit ihm tanzen und das Risiko eingehen mich bei der nächsten Tanzart zu blamieren?,,Soll ich?”, fragte ich scherzhaft. Er lachte und machte eine Kopfbewegung zur Tanzfläche. ,,Auf geht’s!”. Ein Blues wurde aufgelegt.
Ich blieb stehen. ,,Oh, das ist aber ein Stehblues. Ich glaub, das machst du am besten mit deiner Freundin”. Daraufhin blieb er stehen, machte eine kurze Denkpause, drehte sich langsam zu mir um und begann breit zu grinsen. ,,Ähem... Welche Freundin?”, lachte er. Er ging näher auf mich zu und machte ein ernstes Gesicht. ,,Weißt du nicht, dass es zwischen uns aus ist?”. Ich machte große Augen. ,,Nein… Keine Ahnung! Tut mir leid, wenn ich dich daran erinnert hab. Das wusste ich nicht. Seit wann denn?”. Er schüttelte mit dem Kopf. ,,Das ist doch jetzt egal”. Er nahm meine Hand, zog mich auf die Tanzfläche und drückte mich an sich. Es dauerte nicht lange und der Funke sprang über. So schnell ließ er mich dann nicht mehr los…